Liliencron Dozentur seit 1996

21. Liliencron-Dozentur: José F. A. Oliver

José F. A. Oliver ist ein Wandler zwischen den Welten. Als Sohn andalusischer Einwanderer lebt und arbeitet er in Hausach im Schwarzwald. Seine lyrischen Sprach- und Gedankenexperimente sind vieles zugleich: zugeneigte Beobachtung des Alltags in der heimatlichen Provinz, kritischer Kommentar auf die politisch-gesellschaftliche Großwetterlage in Deutschland und der Welt und Versuch der sprachlichen Integration kulturell-familiärer Traditionen. Über allem schwebt das in der Sprache manifest werdende Austarieren einer hybriden Identität zwischen Fremdsein und Ankommen, einer "Eigenfremde" - womit Olivers Werk wohl aktueller als je zuvor sein dürfte. Zuletzt erschien im Frühjahr 2018 der Gedichtband "wundgewähr".

Dozentur

Montag, 28. Januar 2019
Eröffnungslesung zur 21. Liliencron-Dozentur: José F. A. Oliver liest aus seinem umfangreichen Werk

Dienstag, 29. Januar 2019
Öffentliche Poetikvorlesung

Mittwoch, 30. Januar 2019
Abschluss der Liliencron-Dozentur: José F. A. Oliver und sein Schriftstellerkollege Arne Rautenberg im Gespräch

 

20. Liliencron-Dozentur: PeterLicht

Der in Köln lebende Musiker, Autor und Stückeschreiber PeterLicht wird für seine ebenso kritischen wie sprachspielerischen Annäherungen an die »Wunder des Alltags« geehrt. Mit PeterLicht erhält zum 20. Jubiläum der Dozentur ein Lyriker den Preis, dessen Gedichte (auch) Songtexte sind und daher verschiedene Medien bespielen.

Dozentur

Montag, 29. Januar 2018
Eröffnungslesung zur 20. Liliencron-Dozentur: Literarische Werkschau des Dozenten Peter Licht

Dienstag, 30. Januar 2018
Öffentliche Poetikvorlesung

Mittwoch, 31. Januar 2018
Abschluss der Liliencron-Dozentur: Ausstellungseröffnung zur Geschichte der Liliencron-Dozentur mit einer Gesprächsrunde ehemaliger PreisträgerInnen

 

 19. Liliencron-Dozentur: Elke Erb

Die Gedichte der 1938 geborenen Lyrikerin Elke Erb sind nach Steffen Popp »Forschungen, die den Forschenden selbst verändern und sich eben um diese Veränderungen drehen, mit ihnen umgehen«. Zu ihren wichtigsten Arbeiten zählen die Bände »Kastanienallee« (1987), »Mensch sein, nicht« (1998), »Gänsesommer« (2005), »Sonanz« (2007) und zuletzt »Sonnenklar« (2015). Seit 1966 arbeitet Erb als freiberufliche Autorin und Übersetzerin, insbesondere russischsprachiger Lyrik. Für ihr Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Ernst-Jandl-Preis und dem Georg-Trakl-Preis für Lyrik.

Dozentur

Montag, 28. November 2016

Eröffnungslesung zur 19. Liliencron-Dozentur: Elke Erb liest querbeet durch ihr lyrisches Werk

Dienstag, 29. November 2016
Öffentliche Poetikvorlesung »Das Glück Mittelhochdeutsch«

Mittwoch, 30. November 2016
Abschluss der Liliencron-Dozentur: Elke Erb im Gespräch mit dem Lyriker Steffen Popp

 

18. Liliencron-Dozentur: Monika Rinck

Monika Rinck, geb. 1969 in Zweibrücken, lebt als Autorin in Berlin. Ihre L yrik vereint Gelehrsamkeit und Witz und springt virtuos zwischen den Registern. Da kippt die geistreiche Pointe in zarte Melancholie und zurück zum süßen Hohn. Zu ihren wichtigsten Gedichtbänden zählen »Verzückte Distanzen« (2004), »zum fernbleiben der umarmung« (2007), »Helle Verwirrung« (2009) sowie ihre »Honigprotokolle« (2012). Darüber hinaus tritt Rinck als Essayistin
und Hörbuchautorin hervor. In ihrem Online-Wörterbuch »begriffsstudio« sammelt und archiviert sie kuriose Begriffe, Fehlschreibungen, Verhörer, und verunglückte Formulierungen. Rincks Werke wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet; in diesem Herbst wird ihr der Kleist-Preis verliehen.

Dozentur

Montag, 2. November 2015

Eröffnungslesung zur 18. Liliencron-Dozentur: Monika Rinck liest querbeet durch ihr lyrisches Werk

Di, 3. November 2015
Öffentliche Poetikvorlesung: »Am Saum des Verstandes. Auf Kante genähte Phänomene
oder: die Realisierung poetischer Sprache«

Di, 3. November 2015
Abschluss der Liliencron-Dozentur
Monika Rinck im Gespräch mit der Literaturwissenschaftlerin und Übersetzerin Theresia Prammer

 

 Die Liliencron-Dozentur musste im Jahr 2014 aus Finanzierungsgründen ausfallen.

 

17. Liliencron-Dozentur: Arne Rautenberg

Mit der 17. Kieler Liliencron-Dozentur wird ein Dichter ausgezeichnet, der Kiel von Geburt bis heute eng verbunden ist und sich in den letzten 15 Jahren bundesweit einen Ruf als Vertreter einer gleichermaßen spielerischen wie experimentellen Lyrik erschrieben hat. Arne Rautenberg schreibt auch Essays und Hörstücke und hat den Roman „Der Sperrmüllkönig“ publiziert. Sein literarischer Schwerpunkt ist aber die Lyrik, die in zahlreichen Einzeltiteln, in Anthologien und Schulbüchern vorliegt. Seine Gedichte nehmen die Sprache in ihrer Materialität und formen – oft auch graphisch – deren Bezüge um. So fügen sich im souveränen Spiel Gehalt und Gestalt der Sprache neu und machen sie sinnlich erfahrbar. Zugleich verweisen die Gedichte mit unverkennbar viel Humor über sich hinaus.

Dozentur

Montag, 2. Dezember 2013
Eröffnungslesung: „vermeeren“ - Arne Rautenberg liest querbeet durch sein dichterisches Werk

Dienstag, 3. Dezember 2013
Öffentliche Poetikvorlesung: „einmal im eis ein bambi lag mit einem weißen pfeil im hals“

Dienstag, 3. Dezember 2013
Abschlussgespräch: Arne Rautenberg im Gespräch mit Gabriele von Arnim und Mirko Bonné
über Dichtung, Kunst, Popkultur, Humor und das Glück, am Meer zu sein

 

16. Liliencron-Dozentur: Heinrich Detering

Heinrich Detering war auf Seiten der Universität Urheber der Liliencron-Dozentur, bis 2005 Ordinarius in Kiel, jetzt in Göttingen lehrend, durch Juryarbeit und zahlreiche Publikationen als Kenner wie passionierter Liebhaber von Lyrik profiliert und als Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Mitglied des „Lyrischen Quartetts“, das gemeinsam von der Stiftung Lyrik Kabinett und der Akademie angeboten wird.

In diesem Jahr kehrt Heinrich Detering selbst als 16. Liliencron-Dozent nach Kiel zurück. Sein neuer Gedichtband »Old Glory« (Wallstein 2012) und eine Auswahl aus den vorhergehenden Bänden »Schwebstoffe« (2004) und »Wrist« (2009) bestimmen die Auftaktlesung am Montag, 3. Dezember, um 20 Uhr im Literaturhaus in Kiel. Deterings Gedichte balancieren zwischen Witz und Elegie, verbinden in formstrengen Versen leichtfüßig Geschichtliches mit dem geschauten Augenblick oder führen, wie in den oben zitierten Zeilen zum Glück, Abstraktes spielerisch und bildhaft auf Konkretes zurück.

Mo, 3. Dezember 2012
Eröffnungslesung: Heinrich Detering liest aus »Old Glory« und seinen früheren Gedichtsammlungen

Di, 4. Dezember 2012
Öffentliche Poetikvorlesung: »A Poem is a Naked Person« (Bob Dylan)

Di, 4. Dezember 2012
Abschlussgespräch
Heinrich Detering, Arne Rautenberg und Doris Runge im Gespräch über ihr dichterisches Schaffen und poetologisches Selbstverständnis

 

15. Liliencron-Dozentur: Nora Gomringer

"Das gesprochene Skript oder ›Das steht so aber nicht da!‹ – Was das Sprechen von Larynx und Lyrik verlangt" – mit diesem Titel für die Poetikvorlesung zur 15. Liliencron-Dozentur kündigt sich Nora Gomringer an. Die Lyrikerin, Spoken-Word-Poetin und Direktorin des »Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia«, übernimmt 2011 die dreiteilige Dozentur, die aus Lesung, Vorlesung und einem Gesprächsabend zum Abschluss besteht.

Die Eröffnungslesung nimmt als Motto den Titel des jüngsten Gedichtbandes der Dozentin auf: »Mein Gedicht fragt nicht lange«. Nora Gomringer liest an diesem Abend daraus sowie aus "Nachrichten aus der Luft" und neueste Texte. Ein grundlegender Zug im Werk von Nora Gomringer ist für sie die Verbindung der Kunst der Dichtung und der Kunst der Performance, was vor allem in der Form des Poetry Slams zur Geltung kommt. Seit Jahren richtet sie selbst solche Wettbewerbe aus und tritt auch mit großem Erfolg bei ihnen auf. In der mündlichen Präsentation der Dichtung geht für die Dichterin aber nicht verloren, dass auch der geschriebene Text überzeugen muss. Wiederholt hat sie die Beziehung von Skript und Rezitation, »Lyrik und Larynx« zum Gegenstand der Reflexion gemacht, eine Qualität, die sich auch in der Auszeichnung mit dem diesjährigen Jakob-Grimm- Preis niederschlägt. Poetische Reflexion der Slam Poetry und des eigenen Werks wird bei der Liliencron-Dozentur im Mittelpunkt stehen und wird auch die nächste Publikation von Nora Gomringer bestimmen, die Sammlung essayistischer Texte "Ich werde etwas mit der Sprache machen".

Montag, 7. November 2011
Eröffnungslesung mit Nora Gomringer "Mein Gedicht fragt nicht lange" sowie "Nachrichten aus der Luft" und neueste Texte

Dienstag, 8. November 2011

Öffentliche Poetikvorlesung "Das gesprochene Skript oder ›Das steht so aber nicht da!‹ – Was das Sprechen von Larynx und Lyrik verlangt"

Mittwoch, 9. November 2011
Abschlussgespräch der Liliencron-Dozentur mit Nora Gomringer, Patrick Rupert-Kruse und Christoph Rauen

 

14. Liliencron-Dozentur: Franz Josef Czernin

„Die ganze Tafel. Zum Lesen und Schreiben von Gedichten" - mit diesem Titel für die Poetikvorlesung zur 14. Kieler Liliencron-Dozentur kündigt sich Franz Josef Czernin an. Der österreichische Dichter übernimmt 2010 die dreiteilige Dozentur, die aus einer Lesung querbeet durch sein seit 1978 entstandenes dichterisches Werk, einer Poetikvorlesung und einem Gesprächsabend mit Hans-Edwin Friedrich und Claus-Michael Ort, Professoren der Literaturwissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität bestehen wird. Das Motto dieses Gesprächs „Literarische Gegenwart und Tradition" verweist auf das grundlegende Element des Czerninschen Dichtens. Als Lyriker verknüpft er in großen Zyklen virtuos lyrische Traditionen vom Barock bis zum Symbolismus mit den experimentellen Möglichkeiten der Gegenwartsdichtung. Dabei gilt sein besonderes Interesse dem Sonett, was sich auch in seinen 1999 erschienenen Übersetzungen der Sonette Shakespeares und in literaturwissenschaftlichen Essays ausdrückt („Die Kunst des Sonetts", 1985; „Elemente, Sonette", 2002).

Czernin, 1952 in Wien geboren, hat auch Prosa, Theaterstücke und Aphorismen publiziert. In dem Band „staub.gefässe", 2008 im Hanser Verlag erschienen, ist sein Werk in einer umfassenden Auswahl nachzulesen, die alle Facetten seiner Dichtung sichtbar macht. Seinen über den deutschsprachigen Raum hinausgehenden Ruf als einer der ungewöhnlichsten Dichter unserer Zeit verdankt Czernin aber vor allem dem lyrischen Schaffen und seinem unermüdlichen Interesse am Prozess des Schreibens wie des Lesens, das sich auch im Titel seiner Kieler Poetikvorlesung wiederfindet.

Dozentur

Montag, 29. November 2010

Eröffnungslesung zur Dozentur: Franz Josef Czernin liest aus seinem lyrischen Werk


Mittwoch, 01. Dezember 2010
Öffentliche Poetikvorlesung: "Die ganze Tafel. Zum Lesen und Schreiben von Gedichten"


Mittwoch, 01. Dezember, 2010
Gesprächsrunde zur Vorlesung: Franz Josef Czernin und die Kieler Literaturwissenschaftler Hans Edwin Friedrich und Claus-Michael Ort im Gespräch über „Literarische Gegenwart und Tradition"

 

13. Liliencron-Dozentur: F.W.Bernstein

F.W. Bernstein gilt als Sprachjongleur und Großmeister der deutschen Hochkomik, der seit mehr als 40 Jahren mit Gedichten, Dramen, Zeichnungen und Cartoons das Lachen hervorzaubert, ohne die Reflexion und Selbstreflexion dranzugeben und mit manchem Zweizeiler fast sprichwörtlich geworden ist. Bernstein, mit bürgerlichem Namen Fritz Weigle, geboren 1938, studierte an der Hochschule für Künste Berlin, wo er ab 1984 auch eine Professur für Karrikatur- und Bildgeschichte innehatte. Im »tänzelnden Gleichschritt mit Robert Gernhardt« (Uwe Wittstock) war er ab 1964 Redakteur der Satirezeitschrift »pardon«, Mitbegründer der »Neuen Frankfurter Schule« und nach 1979 eine Säule der Zeitschrift »Titanic«. Seine zahlreichen Publikationen haben ihm zahlreiche Preise eingebracht, zuletzt den »Wilhelm-Busch-Preis 2008/2009«.

Dozentur

Montag, 16. November 2009
Eröffnungslesung zur 13. Liliencron-Dozentur: F.W. Bernstein liest aus seinem dichterischen Werk und zeichnet


Dienstag, 17. November 2009

Öffentliche Poetikvorlesung von F.W. Bernstein


Donnerstag, 19. November 2009
Abschlussgespräch zur Liliencron-Dozentur: F.W. Bernstein präsentiert den Berliner Lyriker und Kabarettisten Martin Betz

 

12. Liliencron-Dozentur: Marcel Beyer

Eine Lesung des Dozenten quer durch sein lyrisches Werk, eine Poetikvorlesung und ein Abschlussgespräch mit einem Gast seiner Wahl - das ist der Gang der Kieler Liliencron-Dozentur, die in diesem Jahr Marcel Beyer übernimmt. Der 1965 in Tailfingen geborene, in Kiel und Neuss aufgewachsene und jetzt in Dresden lebende Schriftsteller ist seit seinen literarischen Anfängen Ende der 80er Jahre der Lyrik eng verbunden, auch wenn seine öffentliche Bekanntheit stärker an Romane wie „Flughunde" oder „Kaltenburg" (2008 für den „Deutschen Buchpreis" nominiert) geknüpft ist. Im Zentrum von Beyers lyrischem Schaffen steht die Durchmessung von Raum und Zeit wie im Gedichtband „Falsches Futter" (1997), in dem er Spuren des Nationalsozialismus nachgeht. In „Erdkunde" (2002) folgt die historisch-geographische Reise durch den Osten. Eine erste poetologische Grundierung seines Schaffens unternimmt Beyer 2003 in „Nonfiction". Dort setzt er sich mit den poetologischen Vorgaben und lebensgeschichtlichen Hintergründen der Arbeit mit Sprache auseinander. Auch als Herausgeber, Übersetzer und Essayist spielt er eine wesentliche Rolle in der deutschsprachigen Lyrik.

Für das Abschlussgespräch zur Dozentur hat Marcel Beyer mit Ulf Stolterfoht einen Kollegen eingeladen, der sich mit Gedichtbänden (zuletzt "traktat vom widergang" und „holzrauch über heslach") einer Übertragung von Gertrude Steins „Winning His Way" und Essays als wichtiger Protagonist sprachkritischer Lyrik profiliert hat. Das Gespräch der beiden vielfach für ihre Arbeit ausgezeichneten Schriftsteller richtet sich ganz auf die Sprache der Lyrik, geht dem Zusammenhang von Herkunft und Sprachfärbung, dem Zauber unbekannter Wörter, der Geschichte, die Wörter mitschleppen, oder auch dem Unterschied zwischen Küste und Bergland nach.

Dozentur

Montag, 17. November 2008
Eröffnungslesung zur Dozentur: Marcel Beyer liest aus seinem lyrischen Werk

Dienstag, 18. November 2008
Öffentliche Poetikvorlesung von Marcel Beyer: „Mein Deutsch. Lexikon und Gedicht"

Donnerstag, 20. November, 2008
Podiumsgespräch zur Dozentur: Marcel Beyer und Ulf Stolterfoht im Gespräch über „Mein Deutsch. Lexikon und Gedicht"

 

11. Liliencron-Dozentur: Brigitte Oleschinski

»Poesie ist kein zu großes Wort für Brigitte Oleschinskis Dichtung«, urteilt ein Rezensent nach Lektüre des zuletzt erschienenen Gedichtbandes ›Geisterströmung‹(2004) und schlägt dabei den Bogen bis zum Erstling ›Mental Heat Control‹ (1990). Brigitte Oleschinski hat im Rückblick von anfänglichen »Grabungen im Trauma-Gelände der Nazi-Geschichte« gesprochen, von weltumspannenden Digitalisierungsprozessen der Neunziger (in denen ihr zweiter Gedichtband ›Your Passport is not Guilty‹ erschienen ist), schließlich von den Körpergrenzen des Rationalen, die im Gedicht aufgehoben werden können: Verse als Ereignis, Erscheinung und Geschenk.

Brigitte Oleschinski wurde 1955 in Köln geboren, studierte an der Freien Universität Berlin, arbeitete als Zeithistorikerin (Promotion mit einer Arbeit über ›Gefängnisseelsorge zwischen Republik und Diktatur, 1918-1945‹). Sie wurde mehrfach ausgezeichnet: 1998 mit dem Peter-Huchel-Preis, 2001 mit dem Ernst-Meister-Preis für Lyrik, 2004 mit dem Erich-Fried-Preis. Seine Laudatio zu letzterem schloss Wilhelm Genazino mit den Worten, sie erhalte den Preis, »weil das Gedicht in ihren Händen und in ihrem Kopf etwas Wandelbares, d. h. etwas Lebendiges ist, das uns herausfordert und gleichzeitig beglückt, das uns verwirrt und gleichzeitig sammelt, das uns benutzt und gleichzeitig belohnt.« Dieses Wandelbare findet in hohem Maße auch im mündlichen Vortrag von Brigitte Oleschinski Ausdruck.
Ihr lyrisches Schaffen hat die Liliencron-Dozentin wiederholt mit sehr poetischen ›Poetiken‹ begleitet: ›Wie Gedichte denken‹ ist Thema des Bandes ›Reizstrom in Aspik‹ (2002), ›Wie Gedichte singen‹ lässt sich in ›Argo Cargo‹ (2003, mit CD) nachspüren. In Kiel folgt der Ausblick ›Zur Zukunft der Poesie - und was sie, vielleicht, mit der zeitgenössischen Lyrik zu tun hat‹.

Dozentur

Montag, 19. November 2007
Eröffnungslesung zur Dozentur: Brigitte Oleschinski liest aus ihrem lyrischen Werk

Dienstag, 20. November 2007
Öffentliche Poetikvorlesung von Brigitte Oleschinski: „Zur Zukunft der Poesie - und was sie, vielleicht, mit der zeitgenössischen Lyrik zu tun hat"

Donnerstag, 22. November, 20 Uhr 2007
Podiumsgespräch zur Vorlesung: Brigitte Oleschinski und Richard Kämmerlings im Gespräch über
„Die Zukunft der Poesie" und die zeitgenössische Lyrik, Moderation: Steffen Martus

 

10. Liliencron-Dozentur: Michael Lentz

Michael Lentz rüttelt an den Stäben des Sprachkäfigs wie Isidore Isou, Jesse Thor oder des lautpoetischen Pioniers Franz Mon.
Geboren 1964 im westfälischen Düren, hat er nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie mit einer Arbeit über ›Lautpoesie/ -musik nach 1945‹ promoviert und ist seit 2003 Präsident der Freien Akademie der Künste zu Leipzig. Die jüngsten Erfolge der Lentzschen Prosa (Ingeborg-Bachmann-Preis für ›Muttersterben‹, 2001; umjubelter Roman ›Liebeserklärung‹, 2003) sind ohne das lyrische Fundament des ›National Poetry Slam‹-Preisträgers (1998) kaum denkbar. Mit den ›Neuen Anagrammen‹ von 1998 wie auch mit den drei Jahre später erscheinenden Sprechakten des Bandes ›ENDE GUT‹ (mit CD) gelingt ihm eine Neujustierung des Verhältnisses von Stimme und Schrift. In diesen poetisch reiz-vollen Kosmos reiht sich auch Lentz' Tätigkeit als Anthologieherausgeber und Beförderer ›Verschollener und Vergessener‹.

Im Jahr 2003 erscheint im S. Fischer Verlag ›Aller Ding‹, ein rund zweihunderseitiger Lyrikband, der den einen als »temperamentvolles Kompendium experimenteller Lyrik des 20. Jahrhunderts« gilt, den anderen als Abschied von der Avantgarde, als Zeugnis »der letzten Dinge der Poesie und des Lebens«. Anfang 2005 erweitert Lentz die Debatte über das eigene Werk mit zehn provokanten Thesen zur Lyrik der Gegenwart - durch die noch immer gültige Leitfrage: »Welche Richtung weist uns die Poesie?« www.michaellentz.com/

Dozentur

Montag, 3. Juli 2006
Eröffnungslesung zur Dozentur: Michael Lentz liest einen Querschnitt aus seinem Werk.

Dienstag, 4. Juli 2006

Öffentliche Poetikvorlesung von Michael Lentz

Dienstag, 4. Juli 2006
Podiumsdiskussion zur 10. Liliencron-Dozentur: „Brave Torhüter und hängende Spitzen? Die deutsche Gegenwartslyrik und ihre Perspektive" mit Michael Braun, Marion Poschmann, Thedel von Wallmoden und Michael Lentz. Moderation: Jörg Drews

 

9. Liliencron-Dozentur: Ulrike Draesner

Ulrike Draesner, geboren 1962 in München, studierte Anglistik, Germanistik und Philosophie in München und Oxford und promovierte 1992 mit einer Arbeit über Intertextualität in Wolfram von Eschenbachs Parzival. Mit ihrem Debütband "gedächtnisschleifen2, der mit dem Leonce-und-Lena-Förderpreis ausgezeichnet wurde, schrieb sich die Autorin 1995 in einem doppelten Sinne in die Gegenwartslyrik ein: Die gedächtnisschleifen tangieren etwa Texte von Friederike Mayröcker, Thomas Kling oder Durs Grünbein und ziehen im Ineinander einer spielerischen Sprach-besessenheit und exakten Genauigkeit der Bilder doch ihre eigenen Kreise. Draesner legte damit eine eigene Spur im Feld der neuesten deutschen Lyrik aus: Der Sonettzyklus "anis-o-trop", der Gedichtband "für die nacht geheuerte zellen" und zuletzt "kugelblitz" (2005) folgten. Daneben erschienen Romane "Lichtpause" und "Mitgift", Erzählungen "Reise unter den augenlidern" und "Hot Dogs" und Übersetzungen, etwa die „Radikalübersetzungen der Shakespearesonette": to change the subject. Multimediale Gedicht-Inszenierungen oder die Mitarbeit an neuedichte.de, einer „Topologie der poetisch-poetologischen Landschaft" des dritten Jahrtausends, verorten ihre Gedichte in einem offenen gesellschaftlichen Raum und loten die Möglichkeit von Lyrik aus, Reflexionspotential in einer zunehmend medialen, zunehmend (bio-)technisierten Welt zu sein.

Die Intensität der oft verblüffenden Bilder von Ulrike Draesner, das Spiel mit Sprachklängen und Rhythmus, mit Wortfeldern und Assoziationen wird nicht zum Selbstzweck, schneidet Sprache nicht von der Wirklichkeit ab, sondern nimmt diese vielmehr in der Sprache auf. Der zugleich sinnliche und exakte Sprachgebrauch macht ihre Texte zu einem Erfahrungsraum, in dem das Ich und die Sprache nicht zu trennen sind: „zu sein, was sprache zugelassen hat / und ihre diversen durchstechungen / fortzusetzen. [...]." Die Lyrik Draesners zeigt, was Sprache zulassen kann: Sie macht den Leser atemlos, irritiert und fasziniert, berührt und trifft.

Dozentur

Dienstag, 7. Juni. 2005
Eröffnungslesung zur Dozentur:" ...der wolf liebt seinen satz". Ulrike Draesner liest aus ihrem lyrischen Werk


Öffentliche Poetikvorlesungen:
Mittwoch, 8. Juni, Hingabe
Dienstag, 14. Juni, Gedächtnis
Mittwoch, 15. Juni, Erfindung

Kolloquium zu den Vorlesungen
und zum Werk Ulrike Draesners, Mi, 15. Juni 2005

 

8. Liliencron-Dozentur: Oskar Pastior

Oskar Pastior ist, wenn dieser Ausdruck keinen Selbstwiderspruch bedeutet, ein Klassiker der  Gegenwartsdichtung. Geboren 1927 in Siebenbürgen (Rumänien), als Schüler 1945 – 1949 deportiert in sowjetische Arbeitslager, veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband "Offne Worte" 1964 in Bukarest; ein Jahr später folgte die Sammlung Gedichte. Unter zunehmender Bedrängnis verließ der Dichter das stalinistische Rumänien und ging nach Berlin, wo er seit 1969 lebt. Sein noch in Rumänien entstandener, bereits in Westdeutschland erschienener Band "Vom Sichersten ins Tausendste" (bei Suhrkamp 1969) machte den Autor augenblicklich zu einem Hauptvertreter der sprachexperimentellen Poesie. Sein seitheriges dichterisches Werk, das in einer Fülle von Buchpublikationen und Tondokumenten les- und hörbar ist, seine Übertragungen u.a. von Tristan Tzara, Velimir Chlebnikov oder Gertrude Stein und seine Mitarbeit bei OULIPO, der Werkstatt für Potentielle Literatur, begründeten das auch international hohe Ansehen des Dichters. Pastiors Poesie – nicht selten ergänzt um eigene Zeichnungen – macht Ernst mit der philosophischen Idee, die Grenzen unserer Sprache seien die Grenzen unserer Welt. Nicht mehr auf eine »Umwertung aller Werte« zielt sie, sondern ausdrücklich auf die »Umwortung aller Worte«. Mit unerschöpflicher Einfallskraft konstruiert Pastior Welten aus Wörtern und bringt sie in eine Bewegung, die nicht mehr zum Stillstand kommt. Indem er die Materialität der Sprache beim Wort, beim Laut, beim Buchstaben nimmt, erzeugt er eine Dichtung von zugleich intellektuellem und sinnlichem Reiz: ein sich selbst bearbeitendes
Gewebe aus Zeichen und zugleich ein Klangraum neuer Musik, ein Spiel mit Anagrammen und Palindromen, mit Antike und Gegenwart, klassischer Literatur und neuen Medien, Renaissance und Neverland. Was so entsteht, ist eine Sprache im technischen Zeitalter, in der zugleich
etwas hörbar wird vom Ursprung aller Poesie.

Dozentur

Montag, 24. Mai, 20 Uhr, "in der ersten Zeile steht ein A..." Oskar Pastior liest querbeet durch seine Bücher

Öffentliche Poetikvorlesungen:
Dienstag, 25. Mai, 18 Uhr, "Mein Chlebnikov"
Mittwoch, 26. Mai, 18 Uhr, "Mein Petrarca"
Donnerstag, 27. Mai, 18 Uhr, "Mein Baudelaire"

Kolloquien zur Vorlesung und zum Werk Oskar Pastiors
Dienstag, 25. Mai, 15 - 16.30 Uhr, 1. Kolloquium
Mittwoch, 26. Mai, 15 - 16.30 Uhr, 2. Kolloquium

7. Liliencron-Dozentur: Ilma Rakusa

Unter den deutschsprachigen Autoren der Gegenwartsliteratur dürfte es wenige geben, deren Werk unter so entschieden europäischen Vorzeichen entstanden ist wie das der Ilma Rakusa. Geboren als Tochter einer Ungarin und eines Slowenen, ist sie in Ungarn, Slovenien und Italien aufgewachsen; nach Studienaufenthalten in Frankreich und Russland lebt sie in Zürich. Damit wird nun auch zum ersten Mal eine Dichterin aus der Schweiz die Kieler Liliencron-Dozentur wahrnehmen. Ihr umfangreiches, mehrfach preisgekröntes Werk umfasst Erzählungen und Übersetzungen, poetologische Essays, Literaturkritik  (u.a. in der »Zeit« und der »Neuen Zürcher Zeitung«) und immer wieder Lyrik. Von ihrem Debütband »Wie Winter« (1977) über das Experiment »Ein Strich durch alles. Neunzig Neunzeiler« (1997) bis zu dem jüngsten Band »Love after Love. Acht Abgesänge« (2001) hat sie eine immer dichtere, konzentriertere poetische Sprache entwickelt, in der Auseinandersetzung mit den Traditionen der europäischen Moderne, der sich Ilma Rakusa auch als Übersetzerin gewidmet hat. Dazu gehören die Dichtungen Marina Zwetajewas und Anna Achmatowas, aber auch Prosa und Dramen aus dem Französischen, Russischen, Serbokroatischen und Ungarischen, von Tschechow und Danilo Kisˇ bis zu Marguerite Duras und dem Träger des Literaturnobelpreises 2002, Imre Kertész. Ilma Rakusa ist Mitglied im Präsidium der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.


Neun Zeilen die Länge eines
Notats Windstoß ein halber
Gedanke Bild in der Kelle des
Anfangs Bange und Stoßgebet
alles
und der Wunsch nach dem Ganzen
Wort wie Hand wie Wärme wie Tango
wie Land auch Landschaft und Heimat
und Meer das sehr fehlt
- Ilma Rakusa

Dozentur

Eröffnungslesung zur Dozentur
Mo, 16. Juni Ilma Rakusa liest aus ihrem lyrischen Werk


Öffentliche Poetikvorlesungen
Di, 17. Juni | 20 Uhr | Schöpfungsgesten, Inventare
Mi, 18. Juni | 20 Uhr | Poesie und Schlaf
Do, 19. Juni | 18 Uhr | Das narrative Gedicht

Kolloquien zur Vorlesung und zum Werk Ilma Rakusas
Mi, 18. Juni 1. Kolloquium
Do, 19. Juni 2. Kolloquium

6. Liliencron-Dozentur: Dagmar Leupold

Dagmar Leupold, Kieler Liliencron-Dozentin im Sommersemester 2002, hat mit ihrer erzählenden Prosa und ihren aphoristischen Arbeiten ebenso viel Aufmerksamkeit geweckt wie mit ihrer Lyrik. Wo von Dichterinnen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur die Rede ist, wird mit Gewissheit auch der Name Dagmar Leupolds genannt werden. Seit dem 1988 erschienenen Band "Wie Treibholz" hat sie drei weitere Gedichtbände veröffentlicht. "Eccoci qua" (1993, mit Fotografien von Wolfgang Kaiser), "Die Lust der Frauen auf Seite 13" (1994) und zuletzt "Byrons Feldbett" (2001); der Band "Destillate" (1996) vereint Gedichte und kurze Prosa. 1988 erschienen außerdem die Nachdichtungen von Cesare Paveses "Sämtlichen Gedichten" (mit Michael Krüger und Urs Oberlin). Dass die mit diversen Literaturpreisen ausgezeichneten, "klug bedachten und klug gemachten Gedichte" Dagmar Leupolds (Wulf Segebrecht in der FAZ) in der Kritik immer wieder umstritten gewesen sind, ist das erste Indiz für ihre Provokationskraft und Lebendigkeit. Zart und energisch, oft von eleganter Leichtigkeit, in einem klaren Sprachfluss, der gesättigt ist mit Intertextualität, verbinden diese Texte präzise Bildlichkeit mit Reflexionen, die sich bewusst in die Tradition dessen stellen, was in Deutschland oft mit rasch abwertendem Unterton "Gedankenlyrik" genannt worden ist. In ihrem Bemühen um die "Behauptung subjektiver Autonomie gegen jede Form der Fremdbestimmung" (Ralph Georg Czapla im KLG) setzt sich Dagmar Leupold mit den existenziellen und elementären Themen von Liebe und Verlusterfahrung, Hoffnung und Angst auseinander und nicht zuletzt mit den Möglichkeiten und Grenzen der Kunst selbst. "Kunst", heißt es in einem frühen Gedicht, "ist der Aufstand der Steine / gegen des Wassers Werk".

Dozentur

"Stoffwechsel" - Öffentliche Poetikvorlesungen
Montag, 10. Juni, "Erinnern"
Dienstag, 11. Juni, "Vergessen"
Donnerstag, 13. Juni "Korrespondieren"
Freitag, 14. Juli, Abschlusslesung mit Diskussion

 

5. Liliencron-Dozentur: Harald Hartung

Harald Hartung (Jahrgang 1932) vereint in sich alle Qualitäten, die man sich von einem Poetikdozenten nur wünschen könnte. Er selbst hat sich als "Kritikopoeten" bezeichnet, eine "Personalunion von Lyriker und Essayist". Als Lyriker ist er mittlerweile zu einem der wichtigen Namen der deutschen Gegenwartsliteratur geworden (von "Hase und Hegel", 1970, bis zu "Jahre mit Windrad", 1996; ein neuer Band wird in nächster Zeit erscheinen). Als Literaturwissenschaftler hat er die Poesie nicht nur theoretisch erforscht (von "Experimentelle Literatur und Konkrete Poesie" bis zu "Masken und Stimmen"), sondern auch in der Praxis gelehrt (zuletzt an der Universität Leipzig). Als Literaturkritiker und Essayist schreibt er seit vielen Jahren unter anderem für das Feuilleton der "FAZ". Und nicht zuletzt hat er die schönste, kenntnisreichste und meistgerühmte Anthologie der Weltpoesie seit Enzensbergers "Museum der modernen Poesie" vorgelegt: den Band "Luftfracht. Internationale Poesie 1940 - 1990", 1991. Ihm folgte, zur Jahrhundertwende, die Sammlung "Jahrhundertgedächtnis. Deutsche Lyrik im 20. Jahrhundert". Für seine eigene Dichtung hat Harald Hartung bedeutende internationale Auszeichnungen erhalten. Sie verwirklicht exemplarisch, was der Essayist Hartung lange proklamiert hat: "eine Überwindung der sterilen Gegensätze vor Artistik und Engagement, hermetischer und offener Poesie oder wie die Gegensatzpaare sonst heißen" - man könnte diejenigen von Sinnlichkeit und Intellektualität, Lakonie und Musik hinzufügen. Seit 1997 ist Harald Hartung Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und gehört unter anderem der Jury des Georg-Büchner-Preises an.

Öffentliche Poetikvorlesungen
Montag, 2. Juli, "Wie modern ist moderne Lyrik? Überlegungen zur internationalen Poesie seit Poe und Baudelaire"
Dienstag, 3. Juli, "Lyrik nach Celan. Stationen deutschsprachiger Gegenwartslyrik"
Donnerstag, 5. Juli, "Die Sache der Hände. Anmerkungen zum lyrischen Handwerk"
Freitag, 6. Juli, "Die dritte Parze"

 

4. Liliencron-Dozentur: Thomas Rosenlöcher

Thomas Rosenlöcher (geb. 1947 in Dresden) lebt im sächsischen Kleinstrachwitz, das durch seinen ersten Gedichtband "Ich lag im Garten bei Kleinstrachwitz" (1982) deutsche Literaturgeschichte machte. Seither sind eine Reihe weiterer Gedicht- und Prosabände erschienen, zuletzt "Ich liege in Sachsen und schau in den Schnee" (1999). Die sanft schlitzohrigen Gedichte Rosenlöchers gehören zu den eigenwilligsten der wiedervereinigten deutschen Literatur. Seine freien Verse und Emblemgedichte, Sonette und Elegien handeln von der Schönheit der Gärten und der Selbstbehauptung gegen die Macht, vom Lieben und Alleinsein; und sie zeigen die Erfindung der eigenen Sprache im liebevoll-ironischen, manchmal parodistischen Rückgriff auf poetische Traditionen, die über Liliencrons Impressionismus, Eichendorffs Romantik, Brockes' aufgeklärte Naturpoesie und das Barock zurückreichen bis zur antiken Bukolik. Seine Tagebücher und Essays über das Leben in der endenden DDR und im vereinten Deutschland ("Die verkauften Pflastersteine", "Ostgezeter") sind poetische Zeitzeugnisse von großer Beobachtungsschärfe: scharfsinnig, witzig und selbstironisch.

Thomas Rosenlöchers Kieler Liliencron-Vorlesungen stehen unter dem Titel "Das Murmeln von Worten im Gehen". Sie sind wie immer öffentlich und sollen Auskunft geben über Handwerk und Intuition beim Gedichteschreiben, über den Umgang mit der lyrischen Tradition und den Schreibbedingungen in der DDR, über Schreibantriebe zwischen Angst, Idyllensehnsucht und utopischem Glücksversprechen.

Dozentur

Öffentliche Poetikvorlesungen ("Das Murmeln von Worten im Gehen")
Montag, 22. Mai: Erste Vorlesung. "Probemurmeln: Die Suche nach den verlorenen Worten"
Dienstag, 23. Mai: Zweite Vorlesung. "Rückwärtsmurmeln: Die Modernität der Alten"
Donnerstag, 25. Mai: Dritte Vorlesung. "Weitermurmeln: Schreibantriebe"
Freitag, 26. Mai: Podiumsdiskussion. "Ostgezeter, Westgejammer: Poesie im geteilten und vereinten Deutschland"

 

3. Liliencron-Dozentur: Dirk von Petersdorff

Schon die beiden ersten Gedichtbände des 1966 in Kiel geborenen Lyrikers und in Saarbrücken lehrenden Literaturwissenschaftlers Dirk von Petersdorff zeigen, wie sich im modernen Bewußtsein die Konturen der disparaten Sprach- und Zeitebenen auflösung ("Zeitlösung" ist der zweite Gedichtband betitelt). Werbeslogans jagen romantische Verse, philosophische Maximen zerschellen an modischen Anglizismen. Der Lyriker zappt kalkuliert zwischen den Bewußtseinskanälen hin und her.

Auch in den Prosaskizzen und Gedichte, die Petersdorff in seinem jüngsten, auf die "Confessiones" des Augustinus, die Bibel und die Sesamstraße gleichermaßen rekurrierenden Band "Bekenntnisse und Postkarten" versammelt hat, scheinen Banalität und Erhabenheit einträchtig in metaphysischer Entropie nebeneinander zu liegen. Petersdorff durchstöbert die Kammern des modernen Bewußtseins und findet Vorsatzstücke unserer Bildung ebenso wie Fragmente unserer Medienwelt. Hier scheint die Moderne am Vorabend der abendländischen Philosophie angekommen zu sein, scheinen sich die Enden der Parabel zu berühren: "Dort steht das Hohe neben dem Niederen, das Erhabene bei dem Witz, der Augenblick neben der Ewigkeit. Und Baudelaire neben den Talking Heads... Typisch, sage ich. Wie auch Heraklit sagt: Die schönste Welt ist wie ein aufgeschütteter Kehrichthaufen."

Für seine Gedichte und Essays wurde Dirk v. Petersdorff u.a. mit dem 1. Förderpreis des "Literarischen März" (1991), dem Hebbel-Preis (1994) und dem Kleist-Preis (1998) ausgezeichnet. Seine 1996 erschienene Dissertation "Mysterienrede. Zum Selbstverständnis romantischer Intellektueller" erhielt den Fakultätspreis der Christian-Albrecht-Universität. In seinen insgesamt drei Poetikvorlesungen beschäftigt sich Petersdorff mit dem Projekt der ästhetischen Moderne, das zum Stillstand gekommen scheint, und fragt nach den Möglichkeiten einer nicht mehr modernen Poetik.

Dozentur

Öffentliche Poetikvorlesungen
Montag, 31. Mai: Erste Vorlesung. "Romantik und Moderne"
Dienstag, 01. Juni: Zweite Vorlesung. "Gottfried Benn und die Moderne"
Mittwoch, 02. Juni: Dritte Vorlesung. "Eine nicht mehr moderne Poetik"
Freitag, 30. Juni: Abschlußdiskussion. "Dämme gegen die Prosaflut - Lyrik der Gegenwart"

 

2. Liliencron-Dozentur: Raoul Schrott

Spätestens seit der Veröffentlichung des Romans "Finis terrae", einem Meisterstück der modernen Camouflage, das in einem divinatorischen Kunstgriff verlorene Quellen nachschöpft, hat der 1964 auf einer Atlantikpassage nach Brasilien geborene Raoul Schrott bewiesen, daß er souverän alle literarischen Register beherrscht und den Sprachenreichtum Europas mit seinen untergegangenen und abgelegenen Idiomen produktiv in Literatur umsetzt. Nach mehreren Gedichtbänden und zahlreichen Übersetzungen aus dem Katalanischen, Okzitanischen, Gälischen usw. hat Schrott mit seiner Gedichtanthologie "Die Erfindung der Poesie - Gedichte aus vier Jahrtausenden" einen kühnen Wurf gewagt. Von der frühen sumerischen Dichtung über die Römer bis hin zu den Poemen des Walisers Dafydd ap Gwilym zeigen diese von Raoul Schrott (teilweise mit Hilfe von Interlinearversionen) übersetzten Verse die Vielfalt der Poesie über Länder- und Zeigrenzen hinweg.

Dozentur

Öffentliche Poetikvorlesungen
Dienstag, 16. Juni: Erste Poetik-Vorlesung
Mittwoch, 17. Juni: Zweite Poetik-Vorlesung
Freitag, 19. Juni: Dritte Poetik-Vorlesung mit anschließender Lesung

 

1. Liliencron-Dozentur: Doris Runge

Mit Doris Runge eröffnet eine Schriftstellerin die Kieler Poetikdozentur für Lyrik, deren Stimme in der Gegenwartsliteratur Gewicht hat. Die in Cismar in Ostholstein lebende Lyrikerin, Prosaautorin und Essayistin wurde 1943 in Carlow (Mecklenburg) geboren und siedelte 1953 mit ihrer Familie nach Schleswig-Holstein über. 1976 zog sie in das "Weiße Haus" in Cismar, wo sie seither lebt und schreibt.

Die ersten Gedichte veröffentlichte Doris Runge 1981, ihr erster Gedichtband "jagdlied" erschien 1985. Inzwischen sind drei weitere Gedichtbände (zuletzt 1996 "grund genug"), Prosa und Essays u.a. über die Frauengestalten im Romanwerk Thomas Manns, erschienen. 1985 erhielt Doris Runge den Friedrich-Hebbel-Preis, 1992 wurde sie mit dem GEDOK-Preis ausgezeichnet.

Doris Runges Lyrik gründet in einer zweifachen Sprachlosigkeit: der des seiner angestammten Erfahrungsräume beraubten Subjekts und einer Avantgarde, die sich in der experimentellen Ausbeutung sprachlicher Mittel verbraucht hat.

Was bleibt, ist die Stimme eines Ichs, das in seiner Schriftgestalt syntaktischen und orthografischen Zwängen enthoben ist. Der Einsatz des lyrischen Instrumentariums zeugt von einer Zurücknahme auf das sprachlich Notwendige. "Runges Lyrik zieht ihre Kraft aus der Genauigkeit der Bilder, aus der Konzentration des Blicks, aus der Knappheit der Diktion" (Michael Neumann). Die Gedichte lenken in ihrer Vieldeutigkeit und Abstraktion den Blick des Lesers vor und zurück und heben so die zeitliche Linearität auf.

 

 

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